Anschlussfähigkeit: Umgang mit kritischen und skeptischen Stimmen
Die Einführung von Achtsamkeitsinterventionen in Unternehmen ist eine vielversprechende Maßnahme zur Förderung der organisationalen Resilienz, Wohlbefinden und Führungsqualität. Doch der Erfolg solcher Programme hängt entscheidend davon ab, wie anschlussfähig sie für alle Mitarbeiter gestaltet werden – insbesondere, wenn es kritische oder skeptische Stimmen gibt. Der Umgang mit diesen Bedenken ist essenziell, um Achtsamkeit als integralen Bestandteil der Unternehmenskultur zu verankern.
Bereits 2018 benannte die OECD Achtsamkeit als “Future Skill”. Vorreiter wie Google und SAP haben bereits seit Jahrzehnten erfolgreich Achtsamkeitsprogramme in ihrer Organisation ausgerollt und erzielten – im Falle von SAP – damit einen ROI von 200%. In zahlreichen Studien ist die positive Wirkung von achtsamkeitsbasierten Programmen auf Stressreduktion, Burnout-Raten und psychische Belastung gesichert nachgewiesen. Achtsamkeit verbessert das Wohlbefinden, Empathiefähigkeit und die Zufriedenheit im Job (Vonderlin et al., 2020). Es gibt also sowohl unternehmerische als auch persönliche Vorteile.
Dennoch hören wir immer wieder Bedenken von Kunden – sie machen sich Sorgen um die Anschlussfähigkeit von Achtsamkeitsinterventionen. Die folgenden Punkte helfen dabei einen konstruktiven und produktiven Umgang mit kritischen und skeptischen Stimmen im Unternehmen.
1. Verständnis für Kritik entwickeln
Skepsis gegenüber Achtsamkeitsinterventionen ist oft auf Missverständnisse oder mangelnde Kommunikation der Intention des Unternehmens zurückzuführen. Manche Mitarbeitende verbinden Achtsamkeit mit esoterischen Praktiken oder sehen sie als Ablenkung vom „eigentlichen“ Geschäft. Um diese Barrieren zu überwinden, ist es wichtig, kritische Stimmen ernst zu nehmen und auf deren Anliegen einzugehen. Dabei kann es helfen, Achtsamkeit als wissenschaftlich fundierte Methode zur Stressbewältigung und Förderung der Konzentration zu präsentieren. Es gibt jedoch nicht nur zu wenig, sondern auch zu viel Wissenschaft, um auf Skepsis zu reagieren: wird Achtsamkeit nur anhand komplexer Metastudien und Statistiken erklärt, kann auch das zu Problemen führen, weil die geplanten Maßnahmen dadurch entweder als zu abstrakt oder zu abgehoben wahrgenommen werden können.
2. Den Nutzen für das Unternehmen klar kommunizieren
Enorm wichtig ist in jedem Fall die klare Kommunikation der Vorteile von Achtsamkeit im geschäftlichen Kontext und der Bezug auf den beruflichen Alltag. Mitarbeitende fragen sich völlig zurecht, was sie davon haben jeden Tag zu meditieren oder ihre Arbeitszeit in Achtsamkeitsprogramme zu investieren. Führungskräfte sollten erklären, wie Achtsamkeit zur Reduzierung von Burnout und zur Verbesserung von Führungskompetenzen beitragen kann. Die Betonung des konkreten geschäftlichen Nutzens, wie etwa einer gesteigerten Konzentration und einer niedrigeren Krankenstandsquote, kann die Akzeptanz erhöhen. Unternehmen wie SAP und Google haben gezeigt, dass die Einführung von Achtsamkeitsprogrammen messbare Erfolge in der Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit bringen kann.
3. Skeptische Mitarbeitende aktiv einbeziehen
Anstatt kritische Stimmen zu ignorieren, sollten diese gezielt in die Planung und Umsetzung der Achtsamkeitsmaßnahmen einbezogen werden. Dies könnte beispielsweise durch Feedback-Runden, Umfragen oder Fokusgruppen geschehen, in denen skeptische Mitarbeitende ihre Bedenken äußern können. Diese aktive Einbindung zeigt, dass ihre Meinung geschätzt wird und bietet die Gelegenheit, Missverständnisse aufzuklären und gemeinsame Lösungen zu entwickeln.
4. Achtsamkeit als pragmatischen Ansatz vermitteln
Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass Achtsamkeit als „weiches“ Thema wahrgenommen wird, das nicht zu einer leistungsorientierten Kultur passt. Hier kann es hilfreich sein, Achtsamkeit als pragmatischen, alltagstauglichen Ansatz zu präsentieren. Statt nur „Meditationsübungen“ anzubieten, sollten praktische Anwendungen im Arbeitsalltag wie kurze Atempausen vor Meetings oder gezielte Fokusübungen am Arbeitsplatz in den Vordergrund gestellt werden. So wird Achtsamkeit als Werkzeug positioniert, das die Leistung und das Wohlbefinden im Berufsalltag unmittelbar unterstützt. Als besonders wirksam haben sich niedrigschwellige Nugget-Formate erwiesen, die den eigentlichen Interventionen, z.B. in Form längerer Programme wie MOMENTUM, vorangestellt werden. Als Format eignen sich Lunch Learning Sessions genauso wie kurze Impulsvorträge oder Keynotes.
5. Führungskräfte als Vorbilder etablieren
Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Achtsamkeit im Unternehmen zu etablieren. Indem sie selbst an Achtsamkeitsinterventionen teilnehmen und ihre Erfahrungen offen teilen, signalisieren sie, dass diese Maßnahmen nicht nur „nice-to-have“, sondern strategisch relevant sind. Wenn Mitarbeitende sehen, dass ihre Vorgesetzten Achtsamkeit ernst nehmen und von den positiven Effekten profitieren, steigt die Anschlussfähigkeit des Programms erheblich. Die meisten unserer Kunden nutzen unsere Achtsamkeits-basierten Interventionen sogar als Leadership Development Maßnahme.
Fazit: Kritische Stimmen als Chance nutzen
Die Implementierung von Achtsamkeitsprogrammen im Unternehmen kann auf Widerstand stoßen, doch genau diese kritischen Stimmen bieten die Gelegenheit, das Programm weiterzuentwickeln und zu verbessern. Indem man auf die Bedenken eingeht, den geschäftlichen Nutzen transparent kommuniziert und flexible Angebote schafft, kann Achtsamkeit als wertvoller Bestandteil der Unternehmenskultur etabliert werden. Unternehmen, die diese Punkte beherzigen, schaffen eine solide Basis für nachhaltigen Erfolg und langfristiges Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden.
Quellen:
Vonderlin, Ruben; Biermann, Miriam; Bohus, Martin; Lyssenko, Lisa: Mindfulness-Based Programs in the Workplace: a Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials, Mindfulness, Springer Publishing, 2020.